Patricia Janssen et al: Massage Therapy and Labor Outcomes

Massage

Durchführung

Das Durchführungsprotokoll sah eine Massagetherapie für bis zu fünf Stunden pro Teilnehmerin vor.1Es wurde eine maximale Dauer von fünf Stunden gewählt, da dies jene Zeitspanne war, in der TherapeutInnen eine Massage durchführen konnten, ohne erschöpft zu sein. Die Frauen konnten aber wählen, ob sie die Massage während dieser Zeit intermittierend oder nur für einen Teil der Zeit erhalten wollten. Die Massagebehandlungen wurden abgebrochen, wenn sich die Teilnehmerin für eine epidurale Analgesie entschied.

Der wesentlichste Parameter, der in der Studie gemessen wurde, war der Zeitpunkt der Epiduralanalgesie (gemessen an der Erweiterung des Gebärmutterhalses. Die Epiduralanalgesie wurde ausgewählt, weil sie in Zusammenhang mit einer verlängerten ersten und zweiten Geburtsphase und bestimmten intrapartalen Interventionen2Maßnahmen bei der Geburt. steht, wie der Notwendigkeit wehenfördernder Mittel, einer notwendigen Assistenz bei der Geburt mit Einsatz von Saugglocke oder Geburtszange, postpartaler Blutungen und einer verzögerten Milchbildung.]mfn]Ob die epidurale Anästhesie auch in Zusammenhang mit dem Kaiserschnitt steht, ist noch umstritten.
Eltzshig HK, Lieberman ES, Camann WR. Regional anesthesia and analgesia for labor and delivery. New Engl J Med. 2003;348:319-22.
Sharma S, McIntire D, Wiley J, et al. Labor analgesia and cesarean delivery: an individual patient meta-analysis of nulliparous women. Anesthesiology. 2004;100(1):142–148.
Liu E, Sia A. Rates of caesarean section and instrumental vaginal delivery in nulliparous women after low concentration epidural infusions or opioid analgesia: systematic review. Br Med J. 2004;328(7453):1410–1420.
Lieberman M, O’Donoghue C. Unintended effects of epidural analgesia during labor: a systematic review. Am J Obstet Gynecol. 2002;186(5):S31–568.
Halpern S, Leighton B, Ohlsson A, et al. Effect of epidural vs. parenteral opioid analgesia on the progress of labour: a metaanalysis. JAMA. 1998;280(24):2105–2110.
Der Hauptgrund dafür, dass die Rolle der Epiduralanalgesie beim Kaiserschnitt noch ungeklärt ist, liegt vor allem daran, dass es, so die Autor*innen, kein alternatives Analgesiemittel gibt, das vergleichsweise ausreichend wirksam ist. Und in den bislang vorliegenden Arbeiten zeigen sich darüber hinaus methodische Fehler, die eine klare Aussage unmöglich machen.[/mfn]

Erhoben und verglichen wurden folgende Faktoren:

  • die Schwere der Schmerzen durch die Wehen
  • die Länge der ersten und zweiten Geburtsphase3Die erste Phase ist die Eröffnungsphase (regelmäßige Wehen), die zweite Phase ist die Übergangsphase (von ca. 8 cm Öffnung des Muttermundes auf 10 cm), die dritte Phase ist die Austreibungsphase (das Baby wird nach draußen geschoben) und die vierte Phase ist die Nachgeburtsphase.
  • der Bedarf an Entonox4Als Indikation für Entonox werden Analgesie und Anxiolyse bei mässig schmerzhaften Eingriffen und bei schmerzhaften unter Lokalanästhesie durchgeführten Operationen angegeben. https://compendium.ch/mpro/mnr/19141/html/de. Zugriff: 12.12.2018., intravenösen oder intramuskulären Betäubungsmitteln und epiduraler Analgesie; und
  • die Art der Geburt: spontane vaginale, assistierte (Saugglocke/Geburtszange) oder Kaiserschnitt.

Die Intensität der Schmerzen wurde mit dem McGill Pain Fragebogen (Short Form McGill Pain Questionnaire5Mellzac R. The short-form McGill pain questionnaire. Pain. 1987;30(2):191–197. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0304395987910748. Zugriff: 12.12.2018.
Der Short Form McGill Pain Questionnaire verwendet 16 Beschreibungen: „throbbing, shooting, stabbing, sharp, cramping, gnawing, burning, aching, heavy, tender, splitting, sore, exhausting, sickening, fearful, punishing.“
) zu vier Zeitpunkten erfasst6Die Schmerzbeschreibungen wurden laut vorgelesen und die Frauen gefragt, ob das jeweils vorgelesene Wort ihren Schmerz beschreibt. Wenn ja, sollten sie den so qualifizierten Schmerz auf einer Intensitätsskala von 1 = mild, 2 = mäßig und 3 = stark bewerten. Die Wertungen von allen ausgewählten Schmerzqualitäten wurden zusammengezählt und bildeten das Maß der Schmerzintensität.:  bei der Aufnahme und während der Geburt bei einer Gebärmutterhalföffnung von 3-4 cm, 5-6 cm und 7-8 cm.

Ergebnisse

Als Ergebnis zeigte sich, dass die Frauen der Massagebehandlungs-Gruppe (obwohl sie in einem früheren Wehenstadium aufgenommen wurden) erst bei einer stärkeren Öffnung des Muttermundes eine Epiduralanalgesie erhielten (5,7 cm im Vergleich zur Standardpflege-Gruppe mit 5,3 cm). Der Unterschied ist allerdings statistisch nicht signifikant (als Ergebnis einer Kovarianzanalyse betrug der Unterschied sogar 5,9 cm gegenüber 4,9 cm). In der Geburtsdauer, der Art der verwendeten Schmerzmittel oder der Art der Entbindung gab es hingegen keine statistisch signifikanten Unterschiede.

Die Gesamtergebnisse des McGill Pain Fragebogens waren in der Massagetherapiegruppe in allen Phasen der Wehen konstant niedriger (um bis zu 20 Punkte), aber auch diese Unterschiede waren nicht statistisch signifikant (13,3 im Vergleich zu 16,9 bei 3-4 cm Muttermundöffnung, 13,3 versus 15,8 bei 5-6 cm Muttermundöffnung und 19,4 versus 28,3 bei 7-8 cm Muttermundöffnung).

Schlussfolgerungen

Wenngleich die Unterschiede in der Gebärmuttermundöffung von einem Zentimeter statistisch nicht signifikant sind, weisen die Autor*innen darauf hin, dass eine Öffnung um einen Zentimeter bei einer erstgebärenden Frau bis zu zwei Stunden dauert7Van Bogaert L. Revising the primigravid partogram: does it make a difference? Arch Gynecol Obstet. 2009;279(5):643–647. und ein späteres Anwenden der Epiduralanalgesie wahrscheinlich mit weniger assistierten Geburten und einer Verkürzung der ersten beiden Geburtsstadien verbunden sein könnte.

Frühere Studien zur Wirksamkeit von Massagebehandlungen im Geburtsverlauf waren entweder sehr klein8In den umfangreichsten Studien waren es 60 Teilnehmer*innen., es wurden keine ausgebildeten (und registrierten) Massagetherapeut*innen eingesetzt oder die Massagen dauerten nur 20 bis 30 Minuten.9Oder die Dauer der Massagen wurde überhaupt nicht konkret angeführt. Alle diese Studien zeigen eine reduzierte Schmerzwahrnehmung der mit Massage behandelten Frauen, aber nur die Studie von Patricia Janssen et al. konnte einen Trend zur Verzögerung der Epiduralanalgesie zeigen.

In der vorliegenden Studie zeigte sich auch, wenngleich die geringe Teilnehmerinnenzahl nur begrenzte Aussagen zulässt10Erst eine größere Studie mit mehr teilnehmenden Frauen hätte die nötige Aussagekraft. Zudem, was die Aussagekraft möglicherweise weiter einschränkt, konnten weder die Teilnehmerinnen noch das Pflegepersonal „verblindet“ werden., dass Massagebehandlungen gut angenommen wurden. Fast 60 Prozent der Frauen, die die Einschließungskriterien erfüllten, haben sich für die Studie angemeldet. Und in keinem Fall wurde der*die Massage-Therapeut*in gebeten die Behandlung einzustellen – weder von der gebärenden Frau, noch von Begleitpersonen, medizinischem oder Pflegepersonal.

Die Autor*innen denken auch darüber nach, ob die Begrenzung der Massagebehandlungen auf fünf Stunden (wegen Müdigkeit der BehandlerIn bei langer Behandlungsdauer) das Ergebnis dahingehend beeinflusst hat, dass sich keine signifikanten Ergebnisse zeigen. Sie regen deshalb an, in künftigen Studien zur Bewertung der Wirksamkeit von Massagebehandlungen diese – mit Wechsel des*der Behandler*in – so lange durchzuführen, wie es die Gebärende wünscht.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    Es wurde eine maximale Dauer von fünf Stunden gewählt, da dies jene Zeitspanne war, in der TherapeutInnen eine Massage durchführen konnten, ohne erschöpft zu sein.
  • 2
    Maßnahmen bei der Geburt.
  • 3
    Die erste Phase ist die Eröffnungsphase (regelmäßige Wehen), die zweite Phase ist die Übergangsphase (von ca. 8 cm Öffnung des Muttermundes auf 10 cm), die dritte Phase ist die Austreibungsphase (das Baby wird nach draußen geschoben) und die vierte Phase ist die Nachgeburtsphase.
  • 4
    Als Indikation für Entonox werden Analgesie und Anxiolyse bei mässig schmerzhaften Eingriffen und bei schmerzhaften unter Lokalanästhesie durchgeführten Operationen angegeben. https://compendium.ch/mpro/mnr/19141/html/de. Zugriff: 12.12.2018.
  • 5
    Mellzac R. The short-form McGill pain questionnaire. Pain. 1987;30(2):191–197. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/0304395987910748. Zugriff: 12.12.2018.
    Der Short Form McGill Pain Questionnaire verwendet 16 Beschreibungen: „throbbing, shooting, stabbing, sharp, cramping, gnawing, burning, aching, heavy, tender, splitting, sore, exhausting, sickening, fearful, punishing.“
  • 6
    Die Schmerzbeschreibungen wurden laut vorgelesen und die Frauen gefragt, ob das jeweils vorgelesene Wort ihren Schmerz beschreibt. Wenn ja, sollten sie den so qualifizierten Schmerz auf einer Intensitätsskala von 1 = mild, 2 = mäßig und 3 = stark bewerten. Die Wertungen von allen ausgewählten Schmerzqualitäten wurden zusammengezählt und bildeten das Maß der Schmerzintensität.
  • 7
    Van Bogaert L. Revising the primigravid partogram: does it make a difference? Arch Gynecol Obstet. 2009;279(5):643–647.
  • 8
    In den umfangreichsten Studien waren es 60 Teilnehmer*innen.
  • 9
    Oder die Dauer der Massagen wurde überhaupt nicht konkret angeführt.
  • 10
    Erst eine größere Studie mit mehr teilnehmenden Frauen hätte die nötige Aussagekraft. Zudem, was die Aussagekraft möglicherweise weiter einschränkt, konnten weder die Teilnehmerinnen noch das Pflegepersonal „verblindet“ werden.

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