Klein, Joan et al.: Acupressure for nausea and vomiting in cancer patients receiving chemotherapy

Wellness-Behandlung

Ergebnisse

Die Suche in Medline (1966 bis März 2003), AMED (1985 bis März 2003), Embase (1980 bis März 2003), CINAHL (1982 bis März 2003), Cancerlit (1975 bis 2002) und Cochrane Library erfolgte im April 2003 und erbrachte insgesamt fünf Treffer, allerdings nur zwei davon waren randomisierte kontrollierte Studien. Von diesen erfüllte nur eine Studie die Einschlusskriterien (Dibble et al.1Dibble SL, Chapman J, Mack KA, Shih AS (2000). Acupressure for nausea: results of a pilot study. Oncol Nurs Forum 27(1): 41–7.), die andere (Dundee et al.2Dundee J W, Yang J, McMillan C (1991) Non-invasive stimulation of the P6 (Neiguan) antiemetic acupuncture point in cancer chemotherapy. J R Soc Med8(4): 210–12.) befasste sich mit der elektrischen Stimulation von P 6, nicht der Anwendung von Druck.

Die Recherchen 2003 wurden durch Recherchen in der Cochrane Database of Systematic Reviews und im Cochrane Central Register of Controlled Trials and Medline im August 2004 ergänzt, um die Aktualität sicherzustellen.3In diesen zusätzlichen Recherchen wurde „Akupressur“ als Suchbegriff verwendet. Gefunden wurden hier zwei Studien; eine randomisierte Studie und eine nicht randomisierte, wobei nur erstere (Roscoe et al.4Roscoe JA, Morrow GR, Hickock JT et al (2003) The efficacy of acupressure and acustimulation wrist bands for the relief of chemotherapy-induced nausea and vomiting. A University of Rochester Cancer Center Community Clinical Oncology Program multicenter study. J Pain Symptom Manage 26(2): 731–42.) in die Untersuchung aufgenommen wurde. Insgesamt fanden sich damit zwei Studien für die vorliegende Review.

Die Studien wurde anhand einer Checkliste auf ihre Qualität hin bewertet.5Greenhalgh T, Donald A (2000) Evidence Based Health Care Workbook. BMJ Publishing Group, London. Insbesondere wurde auf  Fehler überprüft, die die Ergebnisse verfälschen können.6Oxman AD, Cook DJ, Guyatt GH (1994) Users‘ guides to the medical literature. VI. How to use an overview. Evidence-Based Medicine Working Group. JAMA 272(17): 1367–71. Dabei fanden sich zwar keine spezifischen Mängel, allerdings schränken unzureichende Beschreibungen (insbesondere bei den Ergebnissen) den Nutzen der Arbeiten ein.

  1. In der Studie von Dibble et al. (2000) wurden acht Frauen, die eine Chemotherapie wegen Brustkrebs erhielten, neben der üblichen antiemetischen (medikamentösen) Behandlung auch so lange angeleitet bis sie die Akupressurbehandlung (mit den Fingern) von P 6 und Ma 36 selbständig durchführen konnten. Sie wurden gebeten diese Behandlung jeden Morgen und auch tagsüber nach Bedarf anzuwenden. Die neun Frauen der Kontrollgruppe erhielten nur die übliche Unterstützung.7Die Frauen wurden in zwei verschiedenen onkologischen Ambulanzen in städtischen Gebieten ausgewählt, aber es wird nicht angegeben, wie die Auswahl und auch die Zugordnung zu Versuchs- oder Kontrollgruppe erfolgte; nähere Angaben zur Randomisierung fehlen damit.
    Es gibt keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Frauengruppen. Der Einsatz der üblichen Antiemetika ist in beiden Gruppen ähnlich, und es scheint keine signifikanten Unterschiede in den verabreichten Dosen zu geben. Wahrscheinlich erhielten beide Gruppen vergleichbare Dosen von Chemotherapie.8Das könnte aus dem Body-Mass-Index abgeleitet werden, ist in der Studie aber nicht explizit ausgeführt, ebenso wie etwaige Dosisänderungen nicht angegeben werden. Die Frauen in der Versuchsgruppe erhielten durch die zusätzliche Anwendung der Akupressur durchschnittlich fünf Minuten (8 %) mehr Kontaktzeit, ansonsten aber wurden beide Patientinnengruppen gleich behandelt.9Am Ende der Studie wurden auch den Frauen in der Kontrollgruppe Informationen zur Akupressurbehandlung angeboten. Alle 17 Frauen wurden in die Analyse einbezogen.
    Beide Gruppen führten 10 Tage lang ein tägliches Protokoll. Das Erleben von Übelkeit wurde anhand der Übelkeitserfahrung-Subskala des Rhodes Index of Nausea and Vomiting Scale (INVR)10Siehe https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15186470 und file:///C:/Users/Ed%C3%BAard%20Truoo/Downloads/07-31-02_Appendix1.pdf. Zugriff: 19.11.2018. und der Chemotherapy Problem Checklist (CPC) bewertet.
  2. In die Studie von Roscoe et al. (2003) wurden insgesamt 778 Patient*innen, vor allem Frauen (92 %) mit Brustkrebs (85 %) oder Blutkrebs (10 %), einbezogen, die eine onkologische Behandlung erhielten, sofern sie Cisplatin oder Doxorubicin ohne gleichzeitige Strahlentherapie erhielten.11Weitere Ausschlussgründe waren Darmverschluss oder symptomatische Metastasen im Gehirn.
    Den 233 Patient*innen in der Versuchsgruppe wurde beigebracht, wie man Sea Bands verwendet, um Akupressur auf P 6 auszuüben. Sie wurden gebeten, die Bänder kontinuierlich fünf Tage lang nach der Chemotherapie zu tragen, bekamen allerdings keine Anweisungen zur Anwendung von zusätzlichem Druck bei Übelkeit. Die 232 Patient*innen in der Kontrollgruppe erhielten nur die üblichen Antiemetika.12Wie die Randomisierung exakt erfolgte, wird nicht berichtet. Eine dritte Gruppe erhielt ein Band mit Elektrostimulation, auf diese Gruppe wird in der vorliegenden Review aber nicht eingegangen. Das Follow-up erfolgte bei 95 % aller Patient*innen.
    Die Studie verwendete Tagebuchberichte und 7-Punkte-Bewertungsskalen, um Erbrechen (jederzeit), frühzeitige Übelkeit (1. Behandlungstag), späte Übelkeit (2. bis 4. Behandlungstag) und die Menge der eingesetzten Antiemetika zu erfassen.

Dibble et al. berichten über signifikante Unterschiede zugunsten der Akupressur über die 10-tägige Beobachtungszeit hinweg, die sich sowohl auf die Erfahrung als auch auf die Intensität der Übelkeit beziehen. Keine Signifikanz hingegen zeigt sich auf der Chemotherapy Problem Checklist (CPC)-Checkliste in Zusammenhang mit Übelkeit.13Tägliche Differenzen werden für die beiden signifikanten Variablen berichtet, nicht aber für die nicht-signifikante CPC-Ceckliste. Am ersten Tag der Chemotherapie führte die Akupressur zu einer Reduktion von ca. 3,2 Punkten auf der 12-Punkte-InvR-Skala und einer (nicht signifikanten) 2-Punkte-Reduktion auf der 10-Punkte-Intensitätsskala (diese Werte wurden aus der veröffentlichten Grafik geschätzt). Große und signifikante Unterschiede setzten sich an den folgenden Tagen fort, gemessen am INVR mit einer signifikanten (2,5 Punkte) Differenz am 4. Tag. Für die Intensitätsskala betrug die Differenz am 4. Tag 1 Punkt (nicht signifikant). Die Menge der eingesetzten Antiemetika und das Erbrechen wurden nicht erfasst.

Roscoe et al. berichten über keinen signifikanten Effekt der Akupressur auf Erbrechen, späte Übelkeit oder antiemetischen Gebrauch, nur über einen signifikanten Nutzen bei Frühübelkeit (0,4 Punkte auf einer 7-Punkte-Skala).14Für die nicht signifikanten Variablen wurden keine Istwerte gemeldet.

Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit deutet darauf hin, dass Akupressur eine wertvolle Ergänzung zu pharmakologischen Behandlungen bei Übelkeit und Erbrechen sein kann. Sie ist leicht erlernbar, kostengünstig und gibt den Patient*innen mehr Autonomie. Die Ergebnisse der (größeren) Studie von Roscoe sind dabei allerdings weniger positiv als die der Studie von Dibble. Ein zusätzliches Problem stellen allerdings die Studienbeschreibungen dar, die die Möglichkeiten zu konkreten Schlussfolgerungen einschränken.

Auf die Einbeziehung von unveröffentlichten Daten wurde in der vorliegenden Arbeit auf Grund begrenzter Ressourcen verzichtet. Hier wären zwei Studien zu erwähnen, die Roscoe anführt, von denen eine die Wirksamkeit von Akupressur (im Vergleich zu einer Placebobehandlung, Scheinakupressur) belegen soll und die andere nicht. Die Autor*innen gehen aber davon aus, dass die Einbeziehung dieser Studien zu keinen schlüssigeren Ergebnissen führen würde. Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass andere Variationen der Intervention (Behandlung) und der Patientenmerkmale für die Wirkung relevant sein könnten. Die Behauptung des Herstellers, dass Sea Bands bei chemotherapeutisch bedingter Übelkeit „klinisch erwiesen“ wirksam wären, wird von den Autor*innen auf Basis der Datenlage als „etwas optimistisch“ („somewhat optimistic“) beurteilt.

Gleichwohl ist die vorliegende Evidenz, soweit es Studien gibt, durchaus positiv und Akupressur ermöglicht den Menschen eine aktive Behandlungsmöglichkeit, die sie zusätzlich zu Medikamenten einsetzen können. Auch ist es unwahrscheinlich, dass es bei dieser Art der Behandlung zu unerwünschten Nebenwirkungen kommt. Infolgedessen wäre es in Beratungen empfehlenswert, Patient*innen darüber zu informieren, dass es wissenschaftliche Daten gibt, die die Wirksamkeit von Akupressur stützen und dass viele Patient*innen sie für hilfreich erachten. Grundsätzlich aber, so die Autor*innen, ist weitere und teilweise detailliertere Forschung notwendig.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    Dibble SL, Chapman J, Mack KA, Shih AS (2000). Acupressure for nausea: results of a pilot study. Oncol Nurs Forum 27(1): 41–7.
  • 2
    Dundee J W, Yang J, McMillan C (1991) Non-invasive stimulation of the P6 (Neiguan) antiemetic acupuncture point in cancer chemotherapy. J R Soc Med8(4): 210–12.
  • 3
    In diesen zusätzlichen Recherchen wurde „Akupressur“ als Suchbegriff verwendet.
  • 4
    Roscoe JA, Morrow GR, Hickock JT et al (2003) The efficacy of acupressure and acustimulation wrist bands for the relief of chemotherapy-induced nausea and vomiting. A University of Rochester Cancer Center Community Clinical Oncology Program multicenter study. J Pain Symptom Manage 26(2): 731–42.
  • 5
    Greenhalgh T, Donald A (2000) Evidence Based Health Care Workbook. BMJ Publishing Group, London.
  • 6
    Oxman AD, Cook DJ, Guyatt GH (1994) Users‘ guides to the medical literature. VI. How to use an overview. Evidence-Based Medicine Working Group. JAMA 272(17): 1367–71.
  • 7
    Die Frauen wurden in zwei verschiedenen onkologischen Ambulanzen in städtischen Gebieten ausgewählt, aber es wird nicht angegeben, wie die Auswahl und auch die Zugordnung zu Versuchs- oder Kontrollgruppe erfolgte; nähere Angaben zur Randomisierung fehlen damit.
  • 8
    Das könnte aus dem Body-Mass-Index abgeleitet werden, ist in der Studie aber nicht explizit ausgeführt, ebenso wie etwaige Dosisänderungen nicht angegeben werden.
  • 9
    Am Ende der Studie wurden auch den Frauen in der Kontrollgruppe Informationen zur Akupressurbehandlung angeboten.
  • 10
    Siehe https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/15186470 und file:///C:/Users/Ed%C3%BAard%20Truoo/Downloads/07-31-02_Appendix1.pdf. Zugriff: 19.11.2018.
  • 11
    Weitere Ausschlussgründe waren Darmverschluss oder symptomatische Metastasen im Gehirn.
  • 12
    Wie die Randomisierung exakt erfolgte, wird nicht berichtet. Eine dritte Gruppe erhielt ein Band mit Elektrostimulation, auf diese Gruppe wird in der vorliegenden Review aber nicht eingegangen.
  • 13
    Tägliche Differenzen werden für die beiden signifikanten Variablen berichtet, nicht aber für die nicht-signifikante CPC-Ceckliste. Am ersten Tag der Chemotherapie führte die Akupressur zu einer Reduktion von ca. 3,2 Punkten auf der 12-Punkte-InvR-Skala und einer (nicht signifikanten) 2-Punkte-Reduktion auf der 10-Punkte-Intensitätsskala (diese Werte wurden aus der veröffentlichten Grafik geschätzt). Große und signifikante Unterschiede setzten sich an den folgenden Tagen fort, gemessen am INVR mit einer signifikanten (2,5 Punkte) Differenz am 4. Tag. Für die Intensitätsskala betrug die Differenz am 4. Tag 1 Punkt (nicht signifikant). Die Menge der eingesetzten Antiemetika und das Erbrechen wurden nicht erfasst.
  • 14
    Für die nicht signifikanten Variablen wurden keine Istwerte gemeldet.

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