Lanza, Giuseppe et al.: Shiatsu as an adjuvant therapy for depression in patients with Alzheimer’s disease: A pilote study

Wellness-Behandlung

Gegenwärtig, so die Autor*innen1Giuseppe Lanza, Stella Silvia Centonze, Gera Destro, Veronica Vella, Maria Bellomo, Manuela Pennisi, Rita Bella und Domenico Ciavardelli. der Pilot-Studie „Shiatsu als unterstützende Therapie bei Depressionen bei Alzheimer-Patienten“2Shiatsu as an adjuvant therapy for depression in patients with Alzheimer’s disease: A pilot study. In: Complementary Therapies in Medicine 38 (2018) 74-78 (http://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S096522991730941X; DOI: 10.1016/j.ctim.2018.04.013). von der Università degli Studi di Enna, besteht ein zunehmendes Interesse an den Wirkungen von komplementären und alternativen Methoden in der Behandlung von Alzheimer. Innerhalb der sensorischen Techniken, so die Autor*innen weiter, stellt Shiatsu eine ganzheitliche Form der komplementären Behandlung dar, die auf den theoretischen Grundlagen der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) beruht. Die Behandlung beinhaltet statischen Druck, sanfte Gelenksmanipulationen und -rotationen, Massagegriffe und Dehnungen, die auf Meridianpunkte (Tsubos) des Körpers wirken – ähnlich wie die Akupunktur, aber ohne Einsatz von Nadeln. Und ähnlich wie Akupressur, wenngleich auch hier Unterschiede, wie z.B. der längere Druck auf Akupunkturpunkte, bestehen. Shiatsu-Techniken gelten deshalb als sicher und effektiv bei verschiedenen stressbedingten und schmerzhaften Beschwerden3Zu den Wirkungen von Shiatsu und Akupressur (und ihrer Sicherheit) führen die Autor*innen die nachfolgenden Studien an:
Long AF. The effectiveness of shiatsu: findings from a cross-European, prospective observational study. J Altern Complement Med. 2008; 14(8): 921–930. http://dx.doi. org/10.1089/acm.2008.0085.
Robinson N, Lorenc A, Liao X. The evidence for Shiatsu: a systematic review of Shiatsu and acupressure. BMC Complement Altern Med. 2011; 11(88) http://dx.doi. org/10.1186/1472-6882-11-88.
Agarwal A, Ranjan R, Dhiraaj S, Lakra A, Kumar M, Singh U. Acupressure for prevention of pre-operative anxiety: a prospective, randomised, placebo controlled study. Anaesthesia. 2005; 60(10): 978–981.
Lang T, Hager H, Funovits V, Barker R, Steinlechner B, Hoerauf K, et al. Prehospital analgesia with acupressure at the Baihui and Hegu points in patients with radial fractures: a prospective, randomized, double-blind trial. Am J Emerg Med. 2007; 25(8): 887–893.
Hsieh LL, Kuo CH, Lee LH, Yen AM, Chien KL, Chen TH. Treatment of low back pain by acupressure and physical therapy: randomised controlled trial. BMJ. 2006; 332(7543): 696–700.
Hsieh LL, Liou HH, Lee LH, Chen TH, Yen AM. Effect of acupressure and trigger points in treating headache: a randomized controlled trial. Am J Chin Med. 2010; 38(1):1–14.
Villani V, Prosperini L, Palombini F, Orzi F, Sette G. Single-blind, randomized, pilot study combining shiatsu and amitriptyline in refractory primary headaches. Neurol Sci. 2017; 38(6):999–1007. http://dx.doi.org/10.1007/s10072-017-2888-7.
Turgut S, Ozalp G, Dikmen S, Savli S, Tuncel G, Kadiogullari N. Acupressure for postoperative nausea and vomiting in gynaecological patients receiving patientcontrolled analgesia. Eur J Anaesthesiol. 2007; 24(1):87–91.
, die Effekte bei PatientInnen mit Alzheimer-Erkrankung und Alters-Depression allerdings wurden bislang noch nie untersucht.

Die Autor*innen gehen deshalb in der vorliegenden Studie der Frage nach, ob die ergänzende Anwendung von Shiatsu bei diesen Beschwerden effektiver ist als die physische Aktivität (Motorikprogramm) allein.

Studienteilnehmer*innen

Einschlusskriterien waren ein Wert zwischen 16 und 25 auf dem Mini-Mental-Status-Test (MMSE)4Test zur Feststellung kognitiver Defizite, wobei ein Wert zwischen 15 und 24 auf eine leichte bis mittelschwere Erkrankung hinweist., ein Wert kleiner 2 auf der Clinical Dementia Rating Skala5Skala zur Beurteilung von Demenz., die Diagnose einer bestehenden Depression gemäß den Kriterien des DSM-56Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) – das dominierende psychiatrische Klassifikationssystem in den USA., ausreichende visuelle und auditive Fähigkeiten zur Durchführung aller Aspekte der kognitiven und funktionellen Beurteilungen, ausreichende Mobilität, um den Transport und die Teilnahme an allen geplanten Interventionen zu ermöglichen, Anwesenheit von Pflegepersonal, das zur Teilnahme bereit ist, sowie eine stabile Dosierung von Memantin- und/oder Cholinesterasehemmern seit mindestens 6 Monaten vor der Teilnahme.7Patient*innen mit anderen neurologischen Störungen als Alzheimer, schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankungen (außer Angstzuständen, sekundär zu Depressionen), schwerer Demenz (MMSE kleiner 16 und/oder CDR größer 2), Unfähigkeit die Tests und/oder Interventionen durchzuführen, akuter/unstabiler medizinischer Krankheit oder Organversagen, ausgebreitete Tumore, Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Stimmung- oder kognitive Störungen aufgrund von endokrinen (hormonellen) Störungen oder die Einnahme von Medikamenten, die depressive Symptome verursachen, aktueller Gebrauch von Medikamenten zur kognitiven Verbesserung (z. B, Ginkgo) mit Ausnahme von Cholinesterasehemmern und/oder Memantin, kürzliche Frakturen oder andere orthopädische Probleme, akute Infektionen der Haut, Weichteile oder andere Hauterkrankungen oder Beschwerden im Bewegungsapparat, die Shiatsu problematisch oder schmerzhaft machen könnten, wurden ausgeschlossen.

Die Studienteilnehmer*innen waren durchwegs älter als 65 Jahre und wurden vom Alzheimer Community Center des Ospedale Michele Chiello in Enna aufgenommen. Die Diagnose einer Alzheimer-Erkrankung wurde von einem ausgebildeten Neurogeriatrie-Expert*innen für kognitive Störungen nach den diagnostischen Kriterien des National Institute of Neurological and Communicative Diseases and Stroke/Alzheimer’s Disease and Related Disorders Association gestellt.8McKhann G, Drachman D, Folstein M, Katzman R, Price D, Stadlan EM. Clinical diagnosis of Alzheimer’s disease: report of the NINCDS-ADRDA Work Group under the auspices of Department of health and human services task force on Alzheimer’s disease. Neurology. 1984;34(7): 939–944.

Alle Versuchspersonen litten seit zwei Jahren an Depressionen. Zwei von ihnen waren in der Vergangenheit mit Serotoninwiederaufnahmehemmern9Serotonin Reuptake Inhibitors (SRI) sind eine Klasse von Antidepressiva, denen gemeinsam ist, dass sie Serotonintransporter blockieren und dadurch die Konzentration von Serotonin in der Gewebsflüssigkeit des Gehirns erhöhen. behandelt worden. Die Medikamation wurde allerdings im Laufe der Zeit wieder eingestellt, in einem Fall wegen Nebenwirkungen und wegen mangelnder Compliance im zweiten Fall. Alle Studienteilnehmer*innen waren damit zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme wie auch während der gesamten Studie medikamentenfrei.

Von den insgesamt 19 Proband*innen, die regelmäßig das Gemeindezentrum besuchten, wurden 12 Rechtshänder in die Studie aufgenommen und im Verhältnis 1:1 der „aktiven Gruppe“ (Shiatsu und körperliche Aktivität; n=6) oder der „Kontrollgruppe“ (körperliche Aktivität allein; n=6) zugeordnet. Die Zufallsverteilung (Randomisierung) erfolgte durch computergenerierte Zufallszahlen von einem nicht an der Studie beteiligten Operator. Das durchschnittliche Alter in der Versuchsgruppe war 77, das in der Kontrollgruppe 80 Jahre.

In der Kontrollgruppe waren 6 Frauen, in der Versuchsgruppe 5 Frauen und 1 Mann. Hinsichtlich ihrer Bildung/Ausbildung unterschieden sich die beiden Gruppen nur geringfügig. Die Diabetes-Prävalenz war 33% (2 Personen) in der Kontroll- und 67% in der Versuchsgruppe (4 Personen), die Bluthochdruckprävalenz 83% (5 Personen) in der Kontroll- und 100% in der Versuchsgruppe (6 Personen).

Durchführung der Studie

Die Daten, die zu Beginn der Studie und an ihrem Ende (von demselben*derselben Prüfer*in) erhoben wurden, umfassten (neben den soziodemographischen Daten wie Händigkeit, Alter, Schulbilldung etc. und Krankheitsprävalenzen) den kognitiven Status10Bewertung durch den Mini-Mental-Status-Test (MMSE), angepasst an das Alter und das Bildungsniveau., die funktionelle Unabhängigkeit bei den Aktivitäten des täglichen Lebens11Gemessen mit dem ADL-Score (einem Verfahren zur Messung der Alltagskompetenz, Activities of Daily Living, von Patienten, die an degenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Multiple Sklerose leiden; er wird auch zur Bewertung der Pflegebedürftigkeit in der Geriatrie herangezogen) und der IADL-Skala nach Lawton und Brody (einem auf dem ADL-Score basierenden Verfahren zur Erfassung der Alltagskompetenz geriatrischer Patient*innen, das acht zentrale Aktivitäten des täglichen Lebens erfasst). und die depressive Symptomatik.12Ermittelt mit der Geriatrischen Depressionsskala (GDS), die mit Hilfe eines vom*von der Patient*in auszufüllenden Fragebogens Hinweise auf eine eventuell vorhandene Altersdepression oder depressive Stimmungslage gibt.

Alle Teilnehmer*innen durchliefen ein 10-monatiges Motorikprogramm, das dreimal pro Woche für jeweils eineinviertel Stunden durchgeführt wurde und u.a. Übungen für Gleichgewicht und Gang, Augen-Hand-Koordination, Atmung und Muskelstärkung umfasste.

Zudem erhielten die Patient*innen in der Versuchsgruppe jede Woche eine individuelle, an den*die jeweilige Patient*in angepasste 40-minütige Shiatu-Behandlung. Die Shiatsu-Behandlungen wurden von einem*einner erfahrenen Shiatsu-Behandler*in mit klinischer Erfahrung in der Arbeit mit älteren Menschen durchgeführt. Sie basierten auf den Prinzipien der Traditionellen Chinesischen Medizin und einem standardisierten Ratgeber.13Jarmey C, Mojay G. Shiatsu: The Complete Guide. 2nd Thorsons; 1991 [1999] (dt.: Das große Shiatsu Handbuch). Alle Shiatsu-Sitzungen wurden vom*von der gleichen Behandler*in durchgeführt.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    Giuseppe Lanza, Stella Silvia Centonze, Gera Destro, Veronica Vella, Maria Bellomo, Manuela Pennisi, Rita Bella und Domenico Ciavardelli.
  • 2
    Shiatsu as an adjuvant therapy for depression in patients with Alzheimer’s disease: A pilot study. In: Complementary Therapies in Medicine 38 (2018) 74-78 (http://linkinghub.elsevier.com/retrieve/pii/S096522991730941X; DOI: 10.1016/j.ctim.2018.04.013).
  • 3
    Zu den Wirkungen von Shiatsu und Akupressur (und ihrer Sicherheit) führen die Autor*innen die nachfolgenden Studien an:
    Long AF. The effectiveness of shiatsu: findings from a cross-European, prospective observational study. J Altern Complement Med. 2008; 14(8): 921–930. http://dx.doi. org/10.1089/acm.2008.0085.
    Robinson N, Lorenc A, Liao X. The evidence for Shiatsu: a systematic review of Shiatsu and acupressure. BMC Complement Altern Med. 2011; 11(88) http://dx.doi. org/10.1186/1472-6882-11-88.
    Agarwal A, Ranjan R, Dhiraaj S, Lakra A, Kumar M, Singh U. Acupressure for prevention of pre-operative anxiety: a prospective, randomised, placebo controlled study. Anaesthesia. 2005; 60(10): 978–981.
    Lang T, Hager H, Funovits V, Barker R, Steinlechner B, Hoerauf K, et al. Prehospital analgesia with acupressure at the Baihui and Hegu points in patients with radial fractures: a prospective, randomized, double-blind trial. Am J Emerg Med. 2007; 25(8): 887–893.
    Hsieh LL, Kuo CH, Lee LH, Yen AM, Chien KL, Chen TH. Treatment of low back pain by acupressure and physical therapy: randomised controlled trial. BMJ. 2006; 332(7543): 696–700.
    Hsieh LL, Liou HH, Lee LH, Chen TH, Yen AM. Effect of acupressure and trigger points in treating headache: a randomized controlled trial. Am J Chin Med. 2010; 38(1):1–14.
    Villani V, Prosperini L, Palombini F, Orzi F, Sette G. Single-blind, randomized, pilot study combining shiatsu and amitriptyline in refractory primary headaches. Neurol Sci. 2017; 38(6):999–1007. http://dx.doi.org/10.1007/s10072-017-2888-7.
    Turgut S, Ozalp G, Dikmen S, Savli S, Tuncel G, Kadiogullari N. Acupressure for postoperative nausea and vomiting in gynaecological patients receiving patientcontrolled analgesia. Eur J Anaesthesiol. 2007; 24(1):87–91.
  • 4
    Test zur Feststellung kognitiver Defizite, wobei ein Wert zwischen 15 und 24 auf eine leichte bis mittelschwere Erkrankung hinweist.
  • 5
    Skala zur Beurteilung von Demenz.
  • 6
    Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders (DSM) – das dominierende psychiatrische Klassifikationssystem in den USA.
  • 7
    Patient*innen mit anderen neurologischen Störungen als Alzheimer, schwerwiegenden psychiatrischen Erkrankungen (außer Angstzuständen, sekundär zu Depressionen), schwerer Demenz (MMSE kleiner 16 und/oder CDR größer 2), Unfähigkeit die Tests und/oder Interventionen durchzuführen, akuter/unstabiler medizinischer Krankheit oder Organversagen, ausgebreitete Tumore, Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Stimmung- oder kognitive Störungen aufgrund von endokrinen (hormonellen) Störungen oder die Einnahme von Medikamenten, die depressive Symptome verursachen, aktueller Gebrauch von Medikamenten zur kognitiven Verbesserung (z. B, Ginkgo) mit Ausnahme von Cholinesterasehemmern und/oder Memantin, kürzliche Frakturen oder andere orthopädische Probleme, akute Infektionen der Haut, Weichteile oder andere Hauterkrankungen oder Beschwerden im Bewegungsapparat, die Shiatsu problematisch oder schmerzhaft machen könnten, wurden ausgeschlossen.
  • 8
    McKhann G, Drachman D, Folstein M, Katzman R, Price D, Stadlan EM. Clinical diagnosis of Alzheimer’s disease: report of the NINCDS-ADRDA Work Group under the auspices of Department of health and human services task force on Alzheimer’s disease. Neurology. 1984;34(7): 939–944.
  • 9
    Serotonin Reuptake Inhibitors (SRI) sind eine Klasse von Antidepressiva, denen gemeinsam ist, dass sie Serotonintransporter blockieren und dadurch die Konzentration von Serotonin in der Gewebsflüssigkeit des Gehirns erhöhen.
  • 10
    Bewertung durch den Mini-Mental-Status-Test (MMSE), angepasst an das Alter und das Bildungsniveau.
  • 11
    Gemessen mit dem ADL-Score (einem Verfahren zur Messung der Alltagskompetenz, Activities of Daily Living, von Patienten, die an degenerativen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Multiple Sklerose leiden; er wird auch zur Bewertung der Pflegebedürftigkeit in der Geriatrie herangezogen) und der IADL-Skala nach Lawton und Brody (einem auf dem ADL-Score basierenden Verfahren zur Erfassung der Alltagskompetenz geriatrischer Patient*innen, das acht zentrale Aktivitäten des täglichen Lebens erfasst).
  • 12
    Ermittelt mit der Geriatrischen Depressionsskala (GDS), die mit Hilfe eines vom*von der Patient*in auszufüllenden Fragebogens Hinweise auf eine eventuell vorhandene Altersdepression oder depressive Stimmungslage gibt.
  • 13
    Jarmey C, Mojay G. Shiatsu: The Complete Guide. 2nd Thorsons; 1991 [1999] (dt.: Das große Shiatsu Handbuch).

Pages: 1 2