Was Berührung bewirkt. Eine Metaanalyse

Berührung
Vergleich von Nicht-menschlicher Berührung und Haut-zu-Haut-Kontakt

Berzug nehmend auf die Arbeit von Eckstein et al. (20201Eckstein, M., Mamaev, I., Ditzen, B. & Sailer, U. Calming effects of touch in human, animal, and robotic interaction – scientific state-of-the-art and technical advances. Front. Psychiatry 11, 555058 (2020).) gehen die Autor*innen der Frage der Wirksamkeit von Berührungen von/durch Tiere2In den meisten Tier-Studien geht es um den streichelnden Kontakt mit einem Hund, mitunter auch mit einem Pferd. und Roboter nach.3Eckstein et al. (2020) gehen „aufgrund des derzeitigen technischen Fortschritts und der zunehmenden Rolle intelligenter Roboter in Haushalten und im Gesundheitswesen“ der Frage von Roboterberührungen zum Stressabbau nach: Inwieweit das Fehlen menschlicher Berührung durch einen tierischen Begleiter oder eine Maschine (zumindest teilweise) kompensiert werden kann. In einer Studie von Robinson et al. beispielsweise (Robinson H, MacDonald B, Broadbent E. Physiological effects of a companion robot on blood pressure of older people in residential care facility: a pilot study. Australas J Ageing. (2015) 34:27–32. doi: 10.1111/ajag.12099) interagieren Teilnehmer*innen aus einer Pflegeeinrichtung 10 Minuten lang mit der Roboterrobbe „Paro“ und berührten sie. „Paro“ reagiert auf visuelle, auditiven und taktilen Reizen, indem sie sich bewegt oder kleine Geräusche macht. Dabei zeigte sich (bei einem mittelgroßen Nutzen) kein signifikanter Unterschied4Hedges’sche g-Differenz: 0,12. Differenziert nach körperlicher und psychischer/geistiger Gesundheit zeigte sich zwar kein Unterschied in Hinblick auf die Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit, wohl aber ein größerer Nutzen für die psychische Gesundheit, wenn Menschen von Menschen berührt werden.5p = 0,022, Hedges’sche g-Differenz: 0,24. Die Autor*innen merken dazu aber ergänzend an, dass die Berührung mit einem (nichtmenschlichen) Objekt immer noch einen signifikanten Effekt zeigt.

Um zu überprüfen, ob dieser Effekt auf den fehlenden Haut-zu-Haut-Kontakt bei Mensch-Objekt-Interaktionen zurückzuführen ist, verglichen die Autor*innen Mensch-zu-Mensch-Interaktionen mit und ohne Hautkontakt. Dabei stellten sie fest, dass sich ein stärkerer Nutzen für die psychische Gesundheit bei Haut-zu-Haut-Kontakt findet, der allerdings keine Signifikanz erreicht.6p = 0,055, Hedges’sche g-Differenz: 0,41. Die fehlende Signifikanz, so die Autor*innen, könnte dem Umstand geschuldet sein, dass der Haut-zu-Haut-Kontakt nur selten in Mensch-Mensch-Interaktionen fehlt.

Einfluss der Art der Berührung

Bei den meisten Studien zu Berührung bei Erwachsenen ging es um Massagebehandlungen, bei Neugeboren hingegen um die sogenannte Känguru-Pflege.7Bei der sogenannten „Känguru-Methode“ wird das nur mit einer Windel bekleidete Neugeborene, meist handelt es sich hier um Frühgeborene, für einige Stunden am Tag an die nackte Brust der Mutter oder des Vaters gelegt und mit einem warmen Tuch bedeckt. Auf diese Weise nimmt es deren Wärme, Herzschlag, Atmung und Geruch wahr und erfährt die Eltern mit allen Sinnen. Der Vergleich der verschiedenen Arten der Berührung zeigt weder bei Erwachsenen (Massagebehandlung, andere Formen der Berührung) noch bei Neugeborenen (Känguru-Methode, Massagebehandlung) Unterschiede in der körperlichen oder psychisch/mentalen Gesundheit.8Die Autor*innen ziehen daraus den Schluss, dass „die Berührungsarten flexibel an das Setting der jeweiligen Berührungsintervention angepasst werden können“.

Unterschiedliche Auswirkungen auf gesunde und kranke Menschen?

Die meisten Forschungsarbeiten zu Berührungsinterventionen beschränken sich auf klinische Stichproben. Gesundheitliche Vorteile zeigen sich der Studie zufolge aber bei gesunden und kranken Personen gleichermaßen – sowohl im körperlichen als auch im geistig/psychischen Bereich. Bei Erwachsenen zeigt sich aber ein höherer Nutzen für die psychische Gesundheit für klinische Populationen im Vergleich zu gesunden Menschen.9p = 0,037, Hedges‘g-Differenz: 0,25.

Eine detailliertere Analyse spezifischer klinischer Zustände bei Erwachsenen ergab für fast alle bewerteten klinischen Störungen positive Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit. Unterschiede zwischen den Erkrankungen wurden nicht festgestellt, mit Ausnahme der erhöhten Wirksamkeit von Berührungsinterventionen bei neurologischen Erkrankungen.

Einfluss von Vertrautheit und Ort der Behandlung

In Studien mit erwachsenen Personen findet sich kein (bedeutsamer) Einfluss der Vertrautheit der berührenden Personen, d.h. ob es sich um eine vertraute Person (Partner*in, Familienmitglied, Freund*in) handelt oder eine*n „unbekannte*n Berührer*in“ (Fachpersonal) handelt10p = 0,905, Hedges’sche g-Differenz: 0,02. – weder für die physische noch für die psychisch/mentale Gesundheit. Im Gegensatz dazu war die Berührung von Neugeborenen durch ihre Eltern (in fast allen Studien wurde nur die Berührung durch die Mutter berücksichtigt) signifikant vorteilhafter als die Berührung durch Unbekannte.11p = 0,041, Hedges’sche g-Differenz: 0,30.

Die Vertrautheit des Ortes (z.B. das Zuhause der Teilnehmer*innen) wiederum hatte keinen Einfluss auf die Wirksamkeit der Berührungsinterventionen.

Anmerkungen/Fußnoten

  • 1
    Eckstein, M., Mamaev, I., Ditzen, B. & Sailer, U. Calming effects of touch in human, animal, and robotic interaction – scientific state-of-the-art and technical advances. Front. Psychiatry 11, 555058 (2020).
  • 2
    In den meisten Tier-Studien geht es um den streichelnden Kontakt mit einem Hund, mitunter auch mit einem Pferd.
  • 3
    Eckstein et al. (2020) gehen „aufgrund des derzeitigen technischen Fortschritts und der zunehmenden Rolle intelligenter Roboter in Haushalten und im Gesundheitswesen“ der Frage von Roboterberührungen zum Stressabbau nach: Inwieweit das Fehlen menschlicher Berührung durch einen tierischen Begleiter oder eine Maschine (zumindest teilweise) kompensiert werden kann. In einer Studie von Robinson et al. beispielsweise (Robinson H, MacDonald B, Broadbent E. Physiological effects of a companion robot on blood pressure of older people in residential care facility: a pilot study. Australas J Ageing. (2015) 34:27–32. doi: 10.1111/ajag.12099) interagieren Teilnehmer*innen aus einer Pflegeeinrichtung 10 Minuten lang mit der Roboterrobbe „Paro“ und berührten sie. „Paro“ reagiert auf visuelle, auditiven und taktilen Reizen, indem sie sich bewegt oder kleine Geräusche macht.
  • 4
    Hedges’sche g-Differenz: 0,12.
  • 5
    p = 0,022, Hedges’sche g-Differenz: 0,24. Die Autor*innen merken dazu aber ergänzend an, dass die Berührung mit einem (nichtmenschlichen) Objekt immer noch einen signifikanten Effekt zeigt.
  • 6
    p = 0,055, Hedges’sche g-Differenz: 0,41. Die fehlende Signifikanz, so die Autor*innen, könnte dem Umstand geschuldet sein, dass der Haut-zu-Haut-Kontakt nur selten in Mensch-Mensch-Interaktionen fehlt.
  • 7
    Bei der sogenannten „Känguru-Methode“ wird das nur mit einer Windel bekleidete Neugeborene, meist handelt es sich hier um Frühgeborene, für einige Stunden am Tag an die nackte Brust der Mutter oder des Vaters gelegt und mit einem warmen Tuch bedeckt. Auf diese Weise nimmt es deren Wärme, Herzschlag, Atmung und Geruch wahr und erfährt die Eltern mit allen Sinnen.
  • 8
    Die Autor*innen ziehen daraus den Schluss, dass „die Berührungsarten flexibel an das Setting der jeweiligen Berührungsintervention angepasst werden können“.
  • 9
    p = 0,037, Hedges‘g-Differenz: 0,25.
  • 10
    p = 0,905, Hedges’sche g-Differenz: 0,02.
  • 11
    p = 0,041, Hedges’sche g-Differenz: 0,30.

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