Anliegen von Heilmasseur*innen. Ein Interview von „Am Puls“ mit Romana Schöberl vom BHÖ

Die gesetzliche Vertretung für Heilmasseur*innen ist die Wirtschaftskammer. Nicht alle Heilmasseur*innen aber fühlen sich durch die WK zufriedenstellend vertreten, weshalb 2002 der Bundesverband der Heilmasseure und Med. Masseure Österreichs (BHÖ, www.heilmasseure.com) gegründet wurde, der allerdings keine Rechtsstellung besitzt. Und trotz prinzipiell konvergierender Zielsetzungen gibt es bedauerlicherweise keine Zusammenarbeit zwischen der WK und dem BHÖ, atmosphärisch eher im Gegenteil…

Romana Schöberl ist seit 2006 Präsidentin des BHÖ und war 2015 bis 2020 auch Mandatarin in der Bundesinnung. Für „Am Puls“ (Ausgabe 3/2022, https://noe.arbeiterkammer.at/service/zeitschriftenundstudien/aknoezeitschriften/ampuls/Am_Puls_3-2022.html), die Zeitschrift für Gesundheits- und Sozialbetreuungsberufe der Niederösterreichischen Arbeiterkammer, gab sie ein Interview zu den Problemen von Heilmasseur*innen. Nachfolgend ein Auszug aus dem Interview:
  

AM PULS: Mit welchen Problemen hat die Berufsgruppe der Heilmasseur*innen und Medizinischen Masseur*innen am meisten zu kämpfen und welche Lösungen würden Sie sich wünschen?

ROMANA SCHÖBERL: Eines der größten Probleme betrifft nicht nur die freiberuflichen Heilmasseur*innen, sondern auch ihre Patient*innen. Hier gibt es eine grobe Ungleichbehandlung. Wer sich auf ärztliche Anweisung hin in die Hände von Physiotherapeut*innen begibt, bekommt von Krankenkassen für die exakt gleiche Therapie wesentlich mehr rückerstattet als durch die Behandlung eines Heilmasseurs oder einer Heilmasseurin.

Und dass, obwohl Heilmasseur*innen eine weit längere Ausbildung im Fach Massage haben als die Physiotherapeut*innen.

Des Weiteren wurden Heilmasseur*innen, trotz mehrfacher Urgenzen an das Gesundheitsministerium, noch nicht in das Gesundheitsberuferegister aufgenommen. Als gesetzlich geregelter Gesundheitsberuf muss das aber möglich sein. Ebenso gibt es eine starke Ignoranz von Seiten des Gesundheitsministeriums in der Sache „Weiterentwicklung des Berufsbildes“. Auch hier liegen mehrere Anfragen bezüglich einer Zulassung zur Osteopathie-Ausbildung für Heilmasseur*innen vor.

Wie jede andere Berufsgruppe fordern wir zudem einen Berufsschutz, den es bis dato nicht gibt. Trotz unzähliger Versuche von Seiten des Bundesverbandes der Heilmasseure und Med. Masseure in Kooperation mit der Gewerkschaft kam es noch zu keiner Zustimmung eines Kollektivvertrages für Med. Masseur*innen und Heilmasseur*innen im Angestelltenverhältnis. Bis dato weigert sich die Wirtschaftskammer einem Kollektivvertrag zuzustimmen. Insgesamt ist die Stretch-Stellung als Gesundheitsberuf in der Wirtschaftskammer sehr mühsam und fraglich, zumal Med. Masseur*innen ja nur im Angestelltenverhältnis beschäftigt werden dürfen.

AM PULS: Welche Forderungen seitens des BHÖ stehen darüber hinaus im Raum?

ROMANA SCHÖBERL: Eindringlich möchten wir die Nationalratsabgeordneten aller vertretenden Parteien im Parlament in Wien und den Hauptverband der Sozialversicherungsträger auffordern, die Ungleichbehandlung bezüglich Rückerstattung einer Heilmassage versus Physiotherapie aufzuheben.

Des Weiteren fordert der BHÖ eine Wiederaufnahme der Gespräche mit der Wirtschaftskammer in puncto Kollektivvertrag Heilmasseur*innen Med. Masseur*innen im Angestelltenverhältnis. Wenn es um Fragen der Weiterentwicklung unseres Berufsstandes geht, würden wir (BHÖ) eine Einbindung und eine konstruktive Zusammenarbeit seitens des Gesundheitsministeriums sehr begrüßen. Nicht außeracht lassen möchte ich den schon lange geforderten Bettenschlüssel für Heil- und Med. Masseur*innen in Gesundheits- und Krankenanstalten.


Ergänzende Anmerkungen der Grünen Masseur*innen:

Aus unserem, auch prinzipiellen Verständnis sollte eine Zusammenarbeit zwischen dem BHÖ und der WK nicht an Fragen der Legitimation („die WK ist die gesetzliche Vertretung“) scheitern, vielmehr sollte eine Zusammenarbeit angestrebt werden, sollte gemeinsam an einem Strang gezogen werden.

In Wien wurde Ende 2019, auf Drängen der Grünen Masseur*innen, eine Umfrage gestartet, um zu erheben ob Heilmasseur*innen, d.h. die Betroffenen, in das Gesundheitsberuferegister eingetragen werden wollen. Leider – die Grünen Masseur*innen wurden in die Ausformulierung der Umfrage nicht eingebunden – war die Befragung tendenziös formuliert (siehe Bericht).
Dann allerdings kamen mit der Wahl eine Neubesetzung des Ausschusses (mit einer absoluten Mehrheit des Wirtschaftsbundes) und Corona – und damit andere Themen und politische Gegebenheiten…